Die Lebenserwartung der Menschen steigt. Damit diese gewonnenen Jahre auch in Gesundheit und Lebensqualität verbracht werden können, widmet sich unsere Initiative „Dialog Gesundheit“ einer zentralen Frage: Wie können wir nicht nur länger, sondern auch gesünder leben? Gemeinsam mit Expert:innen des österreichischen Gesundheitssystems suchen wir nach Lösungen, um mehr gesunde Lebensjahre für uns alle zu erreichen und mögliche Herausforderungen auf diesem Weg gemeinsam zu meistern.
Katharina Reich, Chief Medical Officer und Leiterin der Sektion Öffentliche Gesundheit gibt Einblicke hinter die Kulissen des Gesundheitsministeriums und erzählt, was es für einen Wandel im Gesundheitssystem braucht.
Sie fokussiert auf drei Aspekte:
Prävention und Früherkennung durch gesteigerte Gesundheitskompetenz
Ganzheitliche Betreuung mit Hilfe von Disease-Management-Programmen und ausgebauter Primärversorgung
Digitalisierung für bessere Schnittstellenkommunikation und verfügbare Gesundheitsdaten
Viele schwerwiegende, chronische Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs entwickeln sich über Jahre hinweg, oft ohne spürbare Symptome. Das macht sie besonders tückisch: werden sie erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt, sind die Behandlungsmöglichkeiten meist begrenzt und mit größeren gesundheitlichen Belastungen verbunden.
Daher ist es essentiell, Patient:innen diese Risiken bewusst zu machen und früh über mögliche präventive Maßnahmen zu informieren. Dann können gesundheitsbewusste Entscheidungen getroffen, frühzeitige Untersuchungen ermöglicht und schwere Krankheitsverläufe abgeschwächt werden. “Patient:innen sind ein wichtiger Teil der Gesundheits-Gleichung”, meint auch Katharina Reich.
Obendrein braucht es leicht zugängliche Angebote, um sich regelmäßig und vor allem unkompliziert mit der eigenen Gesundheit auseinanderzusetzen. Statt Stunden mit Recherchen zu Symptomen oder möglichen Therapien zu verbringen, und dann erst wochenlang auf einen Untersuchungstermin zu warten, sollte Gesundheit für uns alle nahtlos und unkompliziert in den Alltag integrierbar sein.
Ein gutes Beispiel dafür sind Disease-Management-Programme (DMP), die eine ganzheitliche Betreuung ermöglichen. In Tirol gibt es mit “Herzmobil” ein Programm für spezifisches Therapie- und Termin-Management bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ohne großen organisatorischen Aufwand. Mehr Service für Patient:innen, ohne sie dabei zu bevormunden.
Katharina Reich betont, dass die Kommunikation zwischen therapierelevanten Bereichen verstärkt werden sollte, um sicherzustellen, dass Patient:innen nicht die ganze organisatorische Last tragen. Sie sollen sich darauf verlassen können, dass nichts vergessen oder übersehen wird. Es gehe darum, dass Patient:innen sich nicht um alles selbst kümmern müssen.
Unser Gesundheitssystem fokussiert immer noch auf die Heilung von Krankheiten. Dabei liegt die Zukunft in der Früherkennung und Prävention.
Auch Katharina Reich weiß von ministerialer Seite, wie unübersichtlich die Versorgungslandschaft in Österreich ist. Die neu geschaffene Rolle der Fachärzt:innen für Allgemein- und Familienmedizin ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dadurch sollen Familien ganzheitlich betrachtet und Risiken schneller erkannt werden. Eine kontinuierliche, niederschwellige Betreuung sorgt für Sicherheit und Vertrauen auf beiden Seiten: Patient:innen fühlen sich somit besser aufgehoben und das medizinische Personal kann Behandlungen früher einleiten.
Die Versorgung in Krankenhäusern bietet oft Potenzial für Verbesserungen in Bezug auf Effizienz und Kosten. Eine Verlagerung von Behandlungsangeboten in den ambulanten Bereich könnte eine kosteneffizientere und wirksamere Versorgung gewährleisten. Gleichzeitig wird damit der Zugang zu medizinischen Leistungen erleichtert. Die Betreuung wird kostengünstiger und schneller zugänglich. Beruf, Familie und Gesundheit sind dadurch besser vereinbar.
Katharina Reich sieht die Zukunft in einem Portal, in dem alle Gesundheitsdaten einer Person verfügbar sind und sichergestellt wird, dass alle berechtigten Beteiligten darauf zugreifen können. Medikamentenlisten, Termine oder Untersuchungsergebnisse können so besser koordiniert und verwaltet werden. Unsere derzeitige digitale Gesundheitsakte, ELGA, ist derzeit eher als reiner Datenspeicher ausgelegt.
Auch die Telemedizin gilt als große Chance, um den Alltag von Patient:innen und medizinischem Personal zu erleichtern. Nachbesprechungen oder kurze Termine per Videokonferenz sparen Anfahrtswege und Ressourcen – Win-Win für Betroffene und Behandler:innen.
Die Patient:innen übernehmen dabei eine wichtige Rolle: Indem sie ihre persönlichen Gesundheitsdaten mit dem Fachpersonal teilen, ermöglichen sie eine gezielte und individuelle Verarbeitung. Dies stärkt sowohl die Selbstbestimmung als auch das Sicherheitsgefühl und fördert das Vertrauen in digitale Systeme.
Das System muss dabei sowohl digitale Lösungen als auch den direkten, persönlichen Kontakt gewährleisten.
Die Zukunft der Medizin und das Ziel unserer Initiative “Dialog Gesundheit” liegt in einer Kombination aus individueller Betreuung, technologischer Unterstützung und einem leicht zugänglichen, gut koordinierten Gesundheitssystem. Dazu werden wir weiterhin im Kontakt mit Katharina Reich bleiben und uns gemeinsam für mehr gesunde Lebensjahre und eine bessere Lebensqualität einsetzen.