Den Wert medizinischer Innovation sichtbarer machen
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Eine neue Therapie bedeutet für Patient:innen große Hoffnung: Hoffnung, eine Krankheit besser in den Griff zu bekommen, die Lebensqualität zu steigern und/oder geheilt zu werden. Neben diesem individuellen Nutzen haben medizinische Innovationen allerdings noch weitreichendere Auswirkungen: Sie schaffen einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft – und auch für die Wirtschaft.
Neue therapeutische Innovationen werden in erster Linie daran gemessen, was sie den Patient:innen bringen: bessere Lebensqualität, wertvollere Lebenszeit, aber auch die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben und am Erwerbsleben uneingeschränkter teilzuhaben - und im besten Falle Heilung.
Auswirkungen auf mehreren Ebenen
Doch die Auswirkungen medizinischer Innovationen gehen weit über diesen individuellen Nutzen hinaus. Medizinische Innovationen verändern Gesundheitssysteme, wirken generationenübergreifend und können sogar die Umwelt beeinflussen. Darüber hinaus bergen sie einen sogenannten Option Value: den Vorteil, dass wir dank Innovation länger leben – und dadurch auch von zukünftigen Therapien profitieren. [1]
Großes Potenzial für die Gesellschaft
Besonders groß ist das Potenzial für die Gesellschaft: Weniger Krankheitslast bedeutet höhere Produktivität sowie weniger Therapie- und Pflegebedarf. Das wiederum entlastet das überstrapazierte Gesundheitssystem ebenso wie pflegende Angehörige und macht Ressourcen frei. Gleichzeitig profitiert die Volkswirtschaft von weniger Krankenständen, einer höheren Erwerbsbeteiligung und gesteigerter Produktivität.
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Sozioökonomische Belastung durch Krankheiten
Nichtsdestotrotz werden medizinische Innovationen in der öffentlichen Wahrnehmung häufig als reiner Kostenfaktor gesehen. Das ist ein schwerwiegender Fehler. Denn erstens werden die Kosten selten mit dem tatsächlichen Mehrwert der Innovationen gegengerechnet. Zweitens bleibt die sozioökonomische Belastung durch Krankheiten oft ausgeblendet. Dazu zählen etwa Produktivitätsverluste in bezahlten Jobs, aber auch bei unbezahlter Arbeit wie Haus- und Care-Arbeit.
Ein Beispiel: Multiple Sklerose verursachte in Österreich in nur einem Jahr Kosten von rund 602 Millionen US-Dollar. Davon entfielen 481 Millionen auf Produktivitätsverluste bei bezahlter Arbeit und 121 Millionen auf unbezahlte Arbeit. Eine Summe, mit der sich die Gesundheitsversorgung von 76.000 Menschen in Österreich für ein ganzes Jahr finanzieren ließe. [2]
Warum es Weitsicht braucht
Das macht deutlich: Wenn wir über medizinische Innovation sprechen, braucht es eine möglichst breite Sichtweise, um alle Dimensionen zu berücksichtigen. Das ist die Basis für ein resilientes Gesundheitssystem und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Bei einer einseitigen Perspektive hingegen werden keine Probleme gelöst, sondern Kosten lediglich verschoben und etwaige Ungleichheiten verschärft.
Zeitdruck, Messbarkeit und Daten
Eine breite Perspektive bei medizinischen Innovationen ist jedoch nicht einfach umzusetzen. Zum einen dauert eine gründliche Evaluierung Zeit. Damit steht sie im Widerspruch zu dem Wunsch, Innovationen rasch verfügbar zu machen. Zum anderen werden die unterschiedlichen Dimensionen sehr unterschiedlich gemessen und erfasst. Dadurch ist es schwierig, Ergebnisse zu vergleichen und ein konsistentes Bild zu schaffen.
Dazu kommt die Herausforderung der Datenverfügbarkeit: Während Gesundheitskosten relativ leicht zu erfassen sind, sind gesellschaftliche Auswirkungen schwieriger zu qualifizieren und zu quantifizieren. Silo-Mentalität und Datenhortung verschärfen das Problem und begünstigen Diskrepanzen – ein idealer Nährboden für Wissenschaftsskepsis.
Wie es besser geht
Was es braucht, ist ein klarer Rahmen: Stakeholder einbinden, qualitätsvolle Daten für die Forschung aufbereiten, in Forschung investieren und Feedbackschleifen einbauen. Ebenso wichtig ist eine transparente Kommunikation: Wofür werden Daten genutzt? Welchen konkreten Mehrwert haben sie für Patient:innen und Gesellschaft?
Fazit: Innovation als Wertschöpfer begreifen
Das Ziel ist, unter Berücksichtigung aller Dimensionen datenbasierte Entscheidungen zu treffen, medizinische Innovation voranzutreiben und damit einen Mehrwert für Patient:innen, Gesellschaft und Wirtschaft zu schaffen. Denn medizinische Innovation ist ein zentraler Motor für Lebensqualität, Wertschöpfung und gesellschaftlichen Wohlstand.
Der Inhalt des Beitrags stützt sich auf die Keynotes aus dem Future Talk: From Science to Society – Medical Innovations and their Societal Impact. Mehr dazu finden Sie auf www.future-talk.at
[1] Petra Došenović Bonča, Future Talk: From Science to Society – Medical Innovations and their Societal Impact.
[2] Malina Müller, Future Talk: From Science to Society – Medical Innovations and their Societal Impact.